Was Apollo zum Erfolg machte (1/3): Die Technik

10. September 2024
Autor: Peter Schnoor   |   Lesezeit: 11 Minuten
Im Jahre 1970 veröffentlichte die Zeitschrift "Astronautics & Aeronautics" eine achtteilige Artikelserie mit dem Titel "What Made Apollo a Success" (Was das Apollo-Programm zu einem Erfolg machte). Darin schildern führende NASA-Mitarbeiter die Prinzipien, die Menschen auf den Mond gebracht haben. Auch wir können daraus viel lernen. Teil 1: Die richtige Technik.

Wie man ein Raumschiff richtig baut

Über die Jahrhunderte hinweg gab es viele Innovationen, die die Menschheit einen Schritt weitergebracht haben. Die Apollo-Raumfähre (und ihre Trägerrakete, die aber in den Artikeln nicht behandelt wird) gehört sicherlich dazu. Mit ihr machten sich 1969 drei Astronauten den gefährlichen Weg zum Mond - und schrieben mit ihrer Landung Geschichte. Insgesamt sechs mal landeten Menschen auf dem Erdtrabanten, einmal gelang es der Crew nach einer Explosion auf dem Weg dorthin nur knapp, die Erde wieder zu erreichen. Insgesamt war das Apollo-Programm eines der teuersten, aber auch eines der erfolgreichsten Großprojekte der Menschheit. In unserer kleinen Artikelreihe wollen wir uns die Prinzipien genauer ansehen, die zu diesen Erfolgen geführt haben - und sie auf Web-Projekte im Internet übertragen. Denn das ist nun einmal unsere Branche.

Verwendung etablierter Technologien

Der erste Punkt, den Kenneth S. Kleinknecht, Ingenieur und Wissenschaftler im Apollo-Programm, in seinem Artikel über die Entwicklungs-Grundsätze ihrer Raumfähre nennt, ist die Verwendung etablierter Technologien. Obwohl sich die NASA-Ingeneure mit der Mondlandefähre auch am Rande der wissenschaftlichen, ingenieurtechnischen und fertigungstechnischen Kenntnisse bewegten, haben sie, soweit irgend möglich, darauf geachtet, Technologien und Fertigungsmethoden zu verwenden, die bereits getestet und bewährt waren. Ihr Ziel war nicht, ein völlig neuartiges Raumschiff zu entwickeln, sondern eines, das aus so vielen bereits bekannten Komponenten besteht, wie es ihnen möglich war.

Dieses Prinzip lässt sich auf das Webdesign 1:1 übertragen. Auch wir als Webdesigner können entweder auf einen Fundus bewährter Technologien zurückgreifen, die bis in die Anfangszeiten des Internet zurückreichen - oder die immer neuen Innovationen nutzen, die unsere Branche ständig entwickelt. Die große Kunst ist, zu erkennen, wann etwas Neues tatsächlich so viel Mehrwert bietet, dass es sich lohnt, das Risiko einzugehen, dass es bereits in wenigen Jahren obsolet sein wird. Was sich hingegen meistens böse rächt, ist es, neue und unbewährte Techniken in Bereichen einer Website oder einer Web-App einzubauen, wo sie "Mission critical" sind, wo also das ganze Projekt daran scheitern kann. Und das ist gar nicht so selten, wie man denkt. Der Tipp von Kleinknecht, möglichst nur etablierte Technologien zu verwenden, ist also so aktuell wie eh und je.

Starker Fokus auf die Zuverlässigkeit der Technik

Etwas, das bei der NASA in der Entwicklung ihrer Technik einen sehr hohen Stellenwert hatte, war die Zuverlässigkeit der verwendeten Technik in allen denkbaren Situationen einer Mission. Die Liste an rigorosen Tests, denen sie ihre Hardware - und Software - unterzogen, will fast kein Ende nehmen. Jedes Bauteil wurde in allen erdenklichen Szenarien getestet und erst in das Raumschiff eingebaut, wenn es sich in allen Tests ausnahmslos bewährt hatte.

Tests werden in der Welt der Entwickler mal mehr, mal weniger ernst genommen. Dabei sind sie für alle Projekte, ob groß oder klein, essenziell. Ich kann mich an Fälle aus meiner Zeit als Angestellter in großen Agenturen erinnern, wo das schief ging. Wo zum Beispiel eine Kollegin einen Kontakt-Block von einer Website auf eine andere Website kopiert hatte, ohne ihn anschließend zu testen. Über Wochen bekam also ein Hotel Anfragen, die eigentlich an ein ganz anderes Hotel gehen sollten. Weil dessen Nummer noch irgendwo im System hinterlegt war. Der Fehler fiel irgendwann dem Kunden auf, und das war dann - zu Recht - für die Reputation der Agentur ein großer Schaden. Von scheinbar banaler Technik wie Kontaktformulare bis hin zu komplexen Funktionalitäten - auf einer Website oder einer App kann viel schief gehen. Hier hilft nur ein starker Fokus auf die Zuverlässigkeit der verwendeten Technik, gute Checklisten - und Testen, Testen, Testen...

Einhaltung von Sicherheitsstandards

In jeder Branche bilden sich irgendwann Sicherheitsstandards heraus. Das hat einen guten Grund. Denn jede Branche hat auch ihre spezifischen Sicherheitsrisiken, die irgendwann in der Vergangenheit bereits - teilweise sehr schmerzhaft und teuer - aufgedeckt und beschrieben wurden. Diese Risiken gab es auch im Apollo-Programm. Sie wurden im Vorfeld identifiziert, von Rissen und Lecks über Kurzschlüsse, lose Halterungen hin zu Leitungsbrüchen und vielem mehr. Anschließend wurden für diese Risiken entsprechende Standards entwickelt und deren Einhaltung streng überwacht. Nicht zuletzt deshalb hat selbst die potenziell fatale Explosion eines Sauerstofftanks in Apollo 13 nicht zu einem Verlust der Crew geführt. Hier sind einige Besonderheiten im Design der Apollo-Raumschiffe, die sie so sicher gemacht haben:

  • Dreifache Redundanz: Die Systeme der Apollo-Raumfähre, einschließlich der Steuerung, Navigation und Kommunikation, waren so konzipiert, dass sie dreifach redundant waren. Das bedeutet, dass es mehrere unabhängige Systeme gab, die im Falle eines Ausfalls eines Systems einspringen konnten.
  • Notfallprozeduren: Die Astronauten wurden umfassend in Notfallprozeduren geschult. Dies umfasste das Training für verschiedene Szenarien, einschließlich Systemausfällen und Notlandungen.
  • Sicherheitschecks und Tests: Vor jedem Start wurden umfangreiche Sicherheitschecks und Tests durchgeführt, um sicherzustellen, dass alle Systeme ordnungsgemäß funktionierten. Dies umfasste sowohl Simulationen als auch physische Tests der Raumfähre und ihrer Systeme. Auf diesen Punkt sind wir ja oben bereits eingegangen.
  • Kommunikationssysteme: Die Apollo-Raumfähre war mit robusten Kommunikationssystemen ausgestattet, die es den Astronauten ermöglichten, ständig mit der Bodenstation in Kontakt zu bleiben, um Unterstützung und Anweisungen zu erhalten.

Auch im Internet gibt es zahlreiche Risiken und Gefahren. Oft ist man ein Spielverderber, wenn man darauf hinweist. Dabei ist der, der sich dieser Gefahren bewusst ist, schon einen wichtigen Schritt weiter. Noch besser ist es jedoch, die zahlreichen Sicherheitsstandards für den Betrieb von Websites und Apps ernst zu nehmen und einzuhalten. Zu den Design-Features einer sicheren Website gehören z.B.:

  • Redundantes Design: Es macht nicht viel aus, wenn ein Besucher z.B. kein JavaScript verwenden kann oder will. Die Website und ihre wichtigsten Funktionen werden immer noch funktionieren.
  • Sicherheitsupdates: Regelmäßige Sicherheitsupdates sind essenziell, um eine Website mit Content Management System sicher und aktuell zu halten und mögliche Angriffsvektoren frühzeitig zu schließen.
  • Notfallpläne und Backups: Klare Pläne für den Notfall sorgen nicht nur dafür, dass weniger passiert. Sondern auch dafür, dass sich der Schaden in Grenzen hält, wenn etwas passiert.
  • Erreichbarkeit der Agentur: Wir sind für unsere Kunden auf vielen Kanälen erreichbar und können im Notfall sofort reagieren.
Erfahren Sie hier mehr über unsere Leistungen rund um Ihre Sicherheit im Internet.

Minimierung von Wartung und Tests während des Flugs

In diesem Punkt unterschied sich das US-Weltraumprogramm entscheidend von dem der Sovietunion. Während die Amerikaner die nötigen Ressourcen hatten, um praktisch alle kritische Komponenten am Boden zu testen, bevor sie in die Raumfähre eingebaut wurden, konnten die sovietischen Entwickler viele Systeme erst im Flug testen. Das führte zu frühen und beachtlichen Erfolgen der UDSSR, aber am Ende ist nur eine Nation mit Menschen auf dem Mond gelandet. Und das war die Nation, die sich vorgenommen hatte, die Wartung und Tests während des Fluges so minimal zu halten, wie es irgendwie ging.

Das hatte aber, neben den finanziellen Ressourcen, auch noch einen anderen Grund: Tests und Wartung während eines Fluges können zwar die erforderliche Qualität der Teile etwas senken - schließlich kann man sie ja notfalls einfach austauschen. Aber das war für die kurze Dauer der Mondmissionen nicht zwingend nötig, und ein Teil gleich richtig zu bauen, bedeutete auch, die Crews zu entlasten, Gewicht zu sparen und die Komplexität der Systeme insgesamt zu verringern.

Genauso ist es oft mit Websites. Ihre Halbwertszeit wird von vielen als nicht besonders hoch eingeschätzt. Warum in nachhaltige und robuste Technik investieren, wenn wir sowieso bald wieder eine neue Website bauen? - Sie würden sich wundern, wie oft diese Denkweise noch vorherrscht in den Köpfen von Kunden und Agenturen gleichermaßen. Dabei ist es weder besonders schwierig, eine Website zu bauen, die auch in 10 Jahren noch funktioniert - noch besonders schwierig, die dafür nötige Wartung und Reparatur auf ein Minimum zu reduzieren. Man muss es nur wollen und sich darüber Gedanken machen, wie dieses Ziel im Einzelfall am Besten zu erreichen ist...

Was außerdem bei Apollo ermöglicht wurde, war die lückenlose Überwachung und Analyse aller kritischen Funktionen von der Leitstelle auf der Erde aus. Dafür wurden im Flug über 330 Telemetrie-Funkkanäle mit dem Raumschiff aufgebaut, und etwa 1100 Datenkanäle vor dem Start. Diese Überwachung von der Erde aus ermöglichte die Nutzung des gesamten Wissens- und Erfahrungsschatzes der Ingenieure und Techniker am Boden, während die Crew sich auf die wichtigen Aufgaben im Raumschiff konzentrieren konnte.

Auch das findet sich bei uns in der täglichen Praxis wieder. Kunden, die einen Wartungsvertrag für ihre Website bei uns haben, merken oft gar nicht, was die Systeme im Hintergrund alles erledigen - und wie wir automatisiert immer ein Auge darauf haben. So können wir im Ernstfall schnell eingreifen, während unsere Kunden sich auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Diese Entlastung unserer Kunden ist uns so wichtig, dass wir sie sogar in unseren Namen aufgenommen haben. Denn ein Adjutant macht genau das: den Entscheidern den Rücken frei zu halten von allen mondänen Aufgaben, die wichtig sind, ihn aber ablenken könnten.

Vereinfachung

Ein Teil, das nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen. Das Gleiche gilt auch für einen Prüfschritt, der nicht durchgeführt werden muss oder einen Handgriff, der nicht getan werden muss. Vereinfachung in allen Bereichen, von der Konstruktion des Raumschiffs bis zu den Abläufen, hat bei Apollo nicht nur zu einer Reduktion des Gewichts der Fähre gesorgt, sondern auch für weniger Ablenkung der Crew. Jeder Astronaut musste in der Lage sein, im Raumanzug mit seinen breiten Handschuhen alle essenziellen Funktionen der Raumfähre bedienen zu können. Das bedeutete eine Reduktion der Knöpfe und Schalter auf ein absolutes Minimum und das Weglassen aller Systeme und Komponenten, die nicht wirklich nötig waren.

Dass Vereinfachung nicht nur für mehr Klarheit, Sicherheit und Verlässlichkeit sorgt, sondern auch zu gutem Design führt, das wissen wir also nicht erst seit Johnny Ives ikonisch simplen Designs bei Apple, noch hat die NASA es erfunden. Aber wie selten findet man auch heute noch wirklich funktionales, und doch einfaches Design! Das zu erreichen ist auch für uns Webdesigner nicht immer einfach. Unser Ansatz bei Netjutant ist hier der des "Resilienten Webdesign". Wen das interessiert, der kann auf unserer Website mehr über diesen Ansatz erfahren. So viel aber hier: Wir beginnen eine Website immer mit dem inhaltlichen und funktionalen Kern und fügen dann vorsichtig immer nur so viel hinzu, wie es noch einen echten Mehrwert für den Besucher bringt. So bauen wir robuste, funktionale, aber gleichzeitig einfache und großzügige Websites, auf die wir echt stolz sind.

Minimierung von Schnittstellen

Dieses Thema ist eher für die Nerds unter uns. Und im Prinzip gilt hier genau das Prinzip der Vereinfachung, über das ich eben schon sprach. Beim Thema "Schnittstellen" geht es immer um mehrere Komponenten, die miteinander verbunden werden sollen. Im Beispiel des Apollo-Programms war es die Startrampe und das Raumschiff, aber auch das Mond-Landemodul ("Lunar Lander") und das Service-Modul, das während der Mondlandung im Orbit um den Mond blieb. Für diese Schnittstellen gab es klare Dokumentations-Handbücher, damit alle beteiligten Teams wussten, welche Art von Daten über die Schnittstellen wie ausgetauscht werden sollen. Dabei wurde sowohl die Menge der Schnittstellen als auch die der Daten streng auf das absolut Nötigste reduziert.

Schnittstellen gibt es auch in vielen modernen Web-Anwendungen, beispielsweise zwischen einem Content-Management-System und dem sogenannten "Frontend", also dem Teil der Website, den der Besucher sieht. Aber auch mobile Apps greifen in aller Regel über Schnittstellen auf die Daten zu, die sie anzeigen. Diese Schnittstellen klug zu gestalten und sinnvoll zu dokumentieren, ermöglicht erst das effiziente Zusammenarbeiten verschiedener Entwickler-Teams. Was dafür benötigt wird, ist ein klarer Fokus auf die gewünschten Funktionen und die Disziplin, sich auf diese Funktion zu beschränken.

Nutzung der Erfahrung aus früheren Missionen

Der letzte Punkt, der die Konstruktion von Apollo so erfolgreich machte war, dass sie nicht das Rad neu erfunden haben, sondern auf die Erfahrungen früherer Projekte, wie das Mercury-Programm, zurückgreifen konnten. Aber auch dieser Rückblick erfordert eine bewusste Entscheidung, sich mit den vorherigen Programmen zu beschäftigen, und die Demut, Neues zu lernen.

Ich habe als Entwickler bereits über 20 Jahre Erfahrungen sammeln dürfen. Da kommen einige Fehler zusammen - eigene, aber auch die anderer. Das alles macht unsere Websites heute besser denn je.

Aber Erfahrungen muss man nicht unbedingt nur in der eigenen Branche sammeln, um sie hilfreich anwenden zu können. Ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel einen kleinen Beitrag leisten konnte, dass die Erfahrungen des Apollo-Programms nicht vergessen werden, und dass wir aktiv darüber nachdenken, wie wir von ihnen profitieren können - egal, in welcher Branche.

Wie sehen Sie diese Fragen? Welche Schlüsse könnten Sie in Ihrer Branche daraus ziehen? Es würde mich sehr freuen, in einen Dialog mit Ihnen zu kommen! Und vielleicht wollen Sie uns bei Netjutant ja auch auf LinkedIn folgen - so verpassen Sie keinen Artikel mehr. Unter anderem folgen bald die Teile 2 und 3 dieser Serie, die sich dann mit den Abläufen während einer Mission, sowie mit den Aktivitäten der Besatzungen näher beschäftigen werden.

Große Schritte geplant?

Was für Raumschiffe gilt, gilt auch für Websites: Missionen wollen gut geplant sein, sonst ist der Schaden groß.
Kontaktieren Sie uns und lassen sich beraten! Damit ihr nächster Schritt da hin geht, wo sie es wollen.

Unterschrift
Peter Schnoor, Gründer Netjutant
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